Neulich war ich mal wieder für ein paar Tage in Oberstdorf im schönen Allgäu. Eine Kombination aus Arbeiten und Erholen – weil’s übers Wochenende ging. Neben den benötigten Arbeitsutensilien und meinem Fotoequipment waren auch neue Bergschuhe, die neuen Stöcke, der neue Schlafsack, die neue Isomatte und der neue Biwaksack mit im Gepäck. Rein präventiv. Man weiß ja nie.
Neben den beruflichen Aktivitäten hatte ich ursprünglich eine kleine Tour auf den Grünten geplant – der große Berg bei Sonthofen mit der Antenne oben drauf. Den man eigentlich immer bewusst wahr nimmt, wenn er nicht gerade von Wolken verdeckt wird. Sollte man mal oben gewesen sein, glaub‘ ich. Daneben wollte ich noch auf das Riedberger Horn.
Aber, häufig läuft’s dann – ein bisschen Spontanität vorausgesetzt – anders als man denkt. Meist sind spontan oder ungeplant dann aber auch Synonyme für „das wird gut“.
Planänderung – ab ins Tannheimer Tal
Dann ging’s quasi ganz schnell: Aus der gemütlichen Tour auf den Grünten würde eine Nacht im Biwak, etwas oberhalb vom Gimpelhaus auf dem Weg zum Rote Flüh Gipfel in einem, wie nennt man das, Hochtal an der Nesselwängler Scharte.
Der Wetterbericht passte, Nachts, so um die 10 Grad, kein Regen und der Himmel könnte klar werden. Gute Vorzeichen für einen ersten Test meines neuen Schlafsacks – aber vor allem für Nachtfotografie.
Was brauch ich alles: die Packliste
Der Weg führt über ca. 3,5 km ungefähr 665 Höhenmeter nach oben. Mangels Erfahrung konnte ich die Anstrengung schwer einschätzen, aber wird wohl machbar sein. 3,5 km liest sich jetzt auch nicht besonders schwer. Deshalb pack‘ ich mal lieber ein bisschen zuviel als zu wenig ein und so landeten im Rucksack:
Ausrüstung
- Schlafsack
- Biwaksack
- Isomatte
- Stirnlampe
- Trekkingstöcke
- Löffel
Kleidung
- Fleecejacke (100er)
- T-Shirt
- GoreTex Softshell Jacke
- Mütze
Verpflegung
- 3x Schokoriegel
- 1x Päckchen Nüsse
- 2x Apfel
- 1,5l Wasser
Spielzeug
- Nikon D4
- Ersatzakku für Nikon D4
- Nikkor 14-24 mm f/2.8
- Nikkor 24-70 mm f/2.8
- Nikkor 35 mm f/1.4
- Yongnuo RF 603 (2x, inkl. Anschlusskabel)
- Sony DSC RX-100 (Backup)
- Strom aus der Box
- Ladekabel für Smartphone und Uhr
- Smartphone
- GPS-Uhr
- Taschenlampe
- Ersatzakkus
- Diverse Lee-Fotofilter
- Stativ
- Kugelkopf
Ich hatte ganz fest vor, den Rucksack vor Beginn der Tour zu wiegen – und nein, ich hab’s nicht vergessen. Aber der Rucksack war schwer – er war wirklich sau schwer – so dass mich wahrscheinlich jedes Wissen über das Gewicht zu sehr demotiviert hätte. Deshalb ließ ich es einfach.
Der Aufstieg
Ich kam so gegen 17.00 Uhr am Parkplatz in Nesselwängle an und stieg bei wunderschönem Abendlicht auf. Der Weg war tiptop und nicht gerade schwierig. Zur Sicherheit hatte ich mir den Pfad noch auf die Suunto Ambit kopiert – was für mich eine kleine Premiere war.


Während ich einen Fuß vor den anderen setzte und immer höher stieg, konnte ich ein seltsames Phänomen beobachten: der Rucksack wurde mit der Höhe – oder war’s die Zeit – immer schwerer. Echt merkwürdig. Wirklich.


Nach ungefähr einer Stunde war ich am Gimpelhaus und genehmigte mir erst mal ein isotonisches Sportgetränk, obwohl ich eigentlich noch weiter musste. Frisch gestärkt, oder zumindest nicht mehr durstig, ging’s dann auf die Zielgerade. Wobei man Gerade nicht wörtlich nehmen sollte.
Abendessen in den Bergen
Am geplanten Biwakplatz angekommen, traf ich, wie zufällig und gaaanz überraschend, Bloggerkollegin Erika vom ulligunde.com Blog. Sie hatte auch just einen Kocher und zwei Portionen Adventure Food dabei. So gab’s erst mal Essen. Für mich Nudeln mit Pilzen.

Ich hatte bis jetzt keinerlei Erfahrung mit Gerichten dieser Art. Allerdings schon beeindruckend, wie durch das Zugeben von etwas heißem Wasser in eine Tüte eine Mahlzeit entsteht, die auch noch satt macht und auch noch ziemlich lecker schmeckt.
Lee-Filterfotografie im Sonnenuntergang
Nach dem Essen und etwas Plauderei war der ideale Zeitpunkt für ein bisschen Fotografie gekommen. Die Sonne stand schon ziemlich tief und tauchte die ersten Bergspitzen in rötliches Licht.


Ich nutzte das Schauspiel für ein paar Testfotos – unter Realbedingungen – mit meinem Verlaufs- und Polarisationsfilter. Verblüffend, was so möglich ist – wie der Himmel bereits im Display wieder deutlich mehr Zeichnung bekommt und sich mein Eindruck vom Motiv auf dem Kameradisplay merklich ins Positive verschiebt. Ich glaub‘, ich hab ein leichtes Grinsen im Gesicht.
Aber ich musste auch feststellen, dass die Filterfotografie eher zur Gattung der langsamen Fotografie gehört. Für diese Situation eher unpassend, ich wollte ja möglichst viele Eindrücke sammeln. Deshalb verschwanden die Filter nach einigen Aufnahmen wieder in der Tasche.
Aber nichtsdestotrotz, ich finde alle Bilder gut, die mit und die ohne Filter. Siehst du irgendwelche Unterschiede?
Wie immer gilt, ein Klick auf die Bilder macht sie größer und mit den Pfeiltasten Deiner Tastatur kannst Du vor und zurück navigieren.




An Schlafen war nicht zu denken: Nachtfotografie
Als die Sonne hinter den letzten Bergkuppen verschwand und die Nacht langsam herein brach, wurde es gleich spürbar kälter. Der ideale Zeitpunkt, um sich’s im Schlafsack bequem zu machen.
Ich hab’s probiert, aber ich konnte beim besten Willen nicht schlafen. Vielmehr wollte ich Nachtaufnahmen – also Nachtfotografie – machen, oder es zumindest mal wieder versuchen.
Die Bedingungen waren gut, der Himmel klar und viele Sterne sichtbar. Also suchte ich, eher gemütlich, mein Equipment zusammen und baute auf, bis ich realisierte, dass von Norden riesige Wolken aufziehen und bereits ziemlich viele Sterne darin verschwunden sind. Ach menno.


Aber egal, so konzentrierte ich mich einfach auf die verbliebenen Sterne. Außerdem dauerte es nicht lange, bis ich merkte, das der Nachthimmel voll in Bewegung ist. Es kamen – und gingen auch wieder – so einige Wolken in den folgenden zwei Stunden. Aber nicht nur die Wolken, auch die Sterne wanderten über den Himmel, oder es kam mir zumindest so vor. Echt verrückt – was nachts da oben so los ist.




Fotografisch experimentierte ich ziemlich stark, mal hohe ISO, mal Niedrigere, Blende meist ziemlich zu und und lange Belichtungszeiten. Immer irgendwas zwischen 30 Sekunden und 12 Minuten. Alles über 30 Sekunden ging nur noch im Bulb-Modus. Die Zeit stoppte ich dabei einfach mit dem Smartphone. Den Auslöser, die Yongnuo, hielt ich dabei immer so lange gedrückt. Mittlerweile hab ich mir dafür einen Auslöser mit Timer besorgt. Denn während der Aufnahme 12 Minuten den Knopf zu drücken, empfand ich eher als ein bisschen suboptimal.
Aber jetzt, Schlafenszeit
Nachdem ich das Gefühl hatte, einige, vielleicht auch brauchbare, Bilder auf der Speicherkarte zu haben, konnte ich mich dann doch ruhigen Gewissens in den Schlafsack verziehen.

Aber mit Schlafen war’s dann bald vorbei. Nieselregen weckte mich. Hey! Das stand ja so überhaupt nicht auf dem Plan! Und im Wetterbericht schon gar nicht.
Die Frage zusammenpacken und zur nächsten Hütte absteigen oder liegen bleiben und abwarten beantworte ich für mich mit Letzterem, zog die Kordel vom Biwaksack zu und schlief weiter.
Morgendämmerung
Das nächste Mal wurde ich zur Morgendämmerung wach. Noch leicht verschlafen kroch ich aus dem Schlafsack, um mich – fotografisch – auf den Sonnenaufgang vorzubereiten.


Wahnsinn, was da abgeht, oder abgehen kann. In wenigen Sekunden ziehen Nebelschwaden den Berg hoch und verhüllen so wirklich alles. Fast keine Sicht mehr. Und zwei Augenblicke später ist’s schon wieder vorbei.






Nachdem sich der Nebel allmählich verzogen hat, währenddessen stieg die Sonne unaufhaltsam höher und strahlte die vorhanden Wolken nun auch an, konnte ich noch ein einige Bilder, wie ich sie mir vorgestellt hatte, machen, obwohl anfangs Wetter, Sonne und Licht nicht danach aussehen. Puuuh, Glück gehabt. Juhu.










Nach der Aktion, ich habe so ungefähr eine Stunde fotografiert, verkrümelte ich mich noch mal in den warmen Schlafsack – und bin doch just eingeschlafen – für ’ne Stunde oder so.
Nach dem Aufstehen bot sich spontan noch die Gelegenheit für ein bisschen Outdoor/Image/Werbefotografie, welche ich gerne wahr nahm. Stichwort: spontan, ungeplant und gut und so … Hehe.
Dann wurde es langsam Zeit – es strömten immer mehr Wanderer den Berg hoch – den Rucksack zu packen und sich auf den Weg zurück zum Parkplatz zu machen.




Fazit
Spontan und gut. Ich kann mich nicht erinnern, wenn ich das letzte Mal biwakieren, und in den Bergen schon gar nicht, war. Halt doch. Noch nie. Aber es war eine gute Idee: eine Nacht in den Bergen. Viele Eindrücke, Ansätze und Ideen für Zukünftiges. In Bezug auf Landschaftsfotografie ermöglicht es ganz andere Perspektiven und Möglichkeiten. Vor allem die Chance, zur richtigen Zeit am richtigen Ort für’s richtige Licht zu sein, kam mir höher vor. Oder vielleicht hatte ich auch nur Glück.
Ohne Frage, die Packliste lässt sich locker halbieren, Kamera, zwei Objektive, eine 35er und ein 85er Brennweite, und ein leichtes Stativ reichen locker. Der Rest ist Luxus, bzw. überflüssiges Gewicht – zumindest wenn man die technischen Geräte betrachtet.
Alles in allem werd‘ ich jetzt wohl öfters mal ein Biwak machen oder Campen. Bereitet nämlich schon mächtig Frohsinn und kann tolle Bilder ergeben.
Anmerkung
Apropos neu: Alle Bilder in diesem Blogpost wurden ohne Software von Adobe bearbeitet. Ich hab‘ mich im Rahmen dieses Blogposts etwas intensiver in Capture One und Media Pro eingearbeitet und alle Bilder unter anderem mit diesen Tools bearbeitet.
Der Workflow war etwas anders als mit Lightroom, auch nicht ganz fehlerfrei. Aber der Output gefällt mir grad‘ richtig gut und es ist auf jeden Fall eine Alternative zu Adobe.
Guten Morgen Christian,
das dieses Erlebnis nach Wiederholung schreit kann ich besten nach voll ziehen, die freie Natur ist halt doch der schönste Freizeitpark, Und wie man sieht muss es nicht immer gleich Neuseeland sein! (obwohl?)
Das Thema Landschaftsfotografie beschäftigt mich auch schon eine Weile, dazu mal ein Link Tipp http://www.silent-moment.com/prints/ebooks.htm von Rainer Mirau.
Die ebooks sind sehr zu empfehlen und sind absolut aus der Praxis geschrieben.
Sehr schöner Bericht zum Thema, Fotografie, vielleicht könntest Du mal einfließen lassen, wie sich der Rest der neuen Ausrüstung bewährt hat?!
Beste Grüße
Günter
Hallo Günter,
vielen Dank für deinen Kommentar und vor allem für den Link von Rainer Mirau. Die Seite seh‘ ich mir mal genauer an. Die Titelseiten seiner eBooks machen neugierig, insbesondere Landschaftsfotografie, Filter, und Fotografie im Mondlicht.
Zur neuen Ausrüstung will ich nur kurz soviel sagen, alles tiptopp, bis auf den Biwaksack – da würd‘ ich für ein geplantes Biwak evtl. doch einen nehmen, der eher die Passform eines Schalfsacks hat. Weiteres in einem eigenen Beitrag, wenn’s die Zeit mal zulässt.
Viele Grüße
Christian
Hallo Christian,
besten Dank für die schnelle Antwort, aktuell flattert mir gerade eine super interessanter Newsletter in meinen Posteingang, bezüglich Langzeitbelichtung und Kamerasteuerung.
http://gwegner.de/know-how/camera-wlan-mit-dslrdashboard/
Unbedingt mal ansehen!
Beste Grüße
Günter
Hallo Günter,
danke für den Hinweis. Das klingt echt interessant. Aber ich glaub‘, ich hab‘ das falsche Betriebssystem am Smartphone. 😉
Viele Grüße
Christian
Wunderschöne Bilder! Der Filter ist echt beeindruckend – da würde mich mal ein Vergleichsbild ohne Filter interessieren! Grüße,j
Das beste Bild macht eben immer noch die Szenerie. Tolle Bilder! Ich bin dabei, mich in diesen ganzen Fotografie-Wahnsinn einzuarbeiten. Es gelingt mehr und mehr. Und die Ergebnisse werden auch besser. Schöne Bilder hast du da gemacht. Und eine noch schönere Tour!
Hallo Christian,
durch „Zu-Fall“ bin ich auf deinen Blog gestoßen.
Ich habe bisher nur einen Teil durchgeklickt, aber: sensationell, ich bin begeistert!
Vom fotografieren verstehe ich nicht sehr viel, aber für schöne Berge, MTB, Biwak und das Allgäu, insbesondere Gimpelhaus, Tannheimer Tal hab ich recht viel übrig und mir ging da grad echt das <3 auf, bei deinen sensationellen Bildern vom Biwak.
Weiter so. Echt toll. 🙂 Vielen Dank für kreative Menschen wie Dich. 🙂
Hi Susanne,
vielen Dank für deinen Kommentar, freut mich, wenn dir die Bilder gefallen. Ich will diesen Sommer noch viel mehr davon machen. Mal sehen, ob’s klappt. Falls ja, liest du’s hier. 😉
Viele Grüße
Christian
Hallo Christian,
Toller Bericht…muss ich unbedingt auch mal machen, da bietet sich ja quasi eine Timelaps an 🙂
…muss mir jetzt mal Deinen ganzen Blog anschauen 🙂
Grüße
Christian
Hallo Christian,
vielen Dank für deinen Kommentar. Stimmt, dass würde sich anbieten, aber ich glaub, dafür bin ich zu ungeduldig … 😉 Viel Spass beim Stöbern …
Viele Grüße
Christian
Hi Kati,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ich weiß nicht so genau, was du unter Biwakplatz verstehst? Ich würde grob schätzen, ca. 10 – 15 Minuten nach dem Gimpelhaus, eher links in Richtung Rote Flüh habe ich Isomatte und Schlafsack ausgebreitet. Ob das in Österreich erlaubt ist, hab ich nicht wirklich recherchiert. 😉
Aber spät Abends kommen und ganz früh Morgens wieder gehen, kein Zelt aufbauen, ruhig verhalten und nichts zurücklassen – sollte aber auch alles selbstverständlich sein – klappt meistens ganz gut. 😉 Das rote Zelt auf den Fotos sieht auf den Fotos zwar super aus, ohne Frage, aber das stand da schon und gehört nicht mir. Irgendwie so bisschen Fotografenglück gewesen.
Viele Grüße
Christian